Dienstag, 17. Juni 2008
15. Juni, Carson City nach Cedar Springs

Heute ist Kathis Ehrentag. Die Etappe soll wieder etwas kürzer sein, etwa 70 km fahren wir fast nur nach Westen zum nächsten Campground. Die Tour wird trotzdem ziemlich anstrengend, denn der Gegenwind ist mal wieder unerbittlich. Und irgendwie kann man dann auch die schöne Landschaft nicht so gut genießen - ich jedenfalls nicht.

An meinem Geburtstag: Crystal Lake in Crystal, Michigan

Zwei Pausen bleiben jedoch in Erinnerung: Der Crystal Lake macht seinem Namen alle Ehre und ist wirklich toll. So ein Haus am See ist bestimmt was feines. Zudem halten wir noch bei einem netten Eisladen an. Ich bestelle zum ersten Mal Medium statt Small - mein Fehler. Kurz vor der Übelkeit gebe ich auf, und der Rest würde daheim immernoch als "groß" bezeichnet.

Wir übernachten heute auf dem Lakeside Campground, der tatsächlich an einem kleinen See liegt. Mit gleicher Berechtigung hätte man ihn aber auch als Interstate-side Campground bezeichnen können. Der Verkehrslärm ebbt auch in der Nacht nicht ab, doch das vermag unseren Schlaf nicht zu stören.

Unser letzter Campingplatz, ehe wir Michigan verlassen

Den Tag lassen wir heute mal mit einem besseren Essen ausklingen. Zum ersten Mal seit Toronto speisen wir wieder von Keramik-Geschirr. Es ist lecker, vielfältig und, besonders wichtig, ausgesprochen umfangreich. Am Ende guckt Kathi zufrieden - war wohl OK. Sie bedankt sich übrigens für die Glückwünsche und hat sich über jeden einzelnen sehr gefreut.




Sonntag, 15. Juni 2008
14. Juni, Durand nach Carson City

Die letzte Nacht war sehr ungemütlich. Ungefähr ab Mitternacht öffneten sich von oben die Schleusen und die Sintflut setzte ein. Der Regen prasselte so laut, daß ich nicht schlafen konnte, wogegen Daniel neben mir seelenruhig ratzte. Nach etwa einer Stunde war das Gröbste überstanden, es regnete dann nur noch leicht.

Unser Zelt hat uns auch dieses Mal fein beschützt, weshalb es zum Ausrüstungsgegenstand der Woche gekürt wird. Die Firma mit der Wolfshaut mögen wir zwar sonst nicht so gern, doch hier überzeugt die Qualität. Das Zelt ist für zwei Personen toll, für drei Leute vermutlich zu kuschelig. Es ist sehr leicht, baut sich nach ein, zwei Durchgängen auch allein gut auf und hat zwei Apsiden, in die alle Taschen gut reinpassen. Und die Belüftung über die zwei großen Eingänge klappt selbst bei Regen gut.

Morgens erfuhren wir dann, daß es auch in anderen Bundesstaaten heftige Unwetter gegeben hatte. Ganze Landstriche in Iowa sind überschwemmt. Dort ist das Land so flach, daß das Wasser nirgendwohin abfließen kann.

Wir hatten heute aber tolles Wetter. Den ganzen Tag sahen wir nur blauen Himmel. Leider hatten wir wieder Westwind. Die Etappe war wieder etwas hügelig und die Straße meist von Bäumen gesäumt, so daß uns dieser Wind nicht allzusehr zu schaffen machte. Erst auf den letzten 20 von 110 km wurden wir zunehmend mürbe.

Wir sind in Michigan, auch hier wird viel Milch produziert

Dafür sind wir auf einem sehr schönen und preiswerten Zeltplatz untergekommen. Der kleine See hat uns nach der langen Fahrt erfrischt und jetzt lodert wieder ein Feuer, während die Nudeln kochen.




Samstag, 14. Juni 2008
13. Juni, Emmett nach Durand

Heute gibt es Südwind für uns. Wir freuen uns, Hauptsache kein Gegenwind. Die Strecke ist minimal hügelig und meist angenehm zu fahren. Nur südlich von Flint ist etwas viel Verkehr. Trotz des morgentlichen Gewitters im Zelt meint es das Wetter gut mit uns. Noch vor um sechs erreichen wir unser Ziel. Für 117 km geht das in Ordnung.

In der Naehe von Metamora, Michigan

Auf den letzten Metern zu unserer Wiese beginnt mäßiger Regen, doch wir sind ja vorbereitet. Ruck-Zuck steht das Außenzelt und wir sind mit unserem Gerassel im Trockenen. Sekunden später beginnt ein wahrer Wolkenbruch und wir lachen zufrieden. Der Einbau des Innenzeltes von innen erfordert Gelenkigkeit, doch alles bleibt trocken.

Michigan haben wir bisher als angenehmen, grünen Staat kennengelernt. Es gibt wieder viele Rehe, auch lebende. Besonders auffällig ist aber wieder, was zuvor in Kanada merklich weniger extrem war: die gewaltigen Freiflächen, die die meisten Häuser umgeben. Bei uns würde man wohl Getreide anbauen. Hier hat man Rasen. Sehr, sehr viel Rasen. Meist nicht durch lästige Bäume unterbrochen. Auch nicht durch Löcher und Fähnchen, vermutlich, weil es schon so viele Golfplätze gibt. Bisweilen sieht man auf der einen Straßenseite plötzlich eine große Rasenfläche mit sonst nichts drauf, die gehört dann zum Haus gegenüber.

Vor allem aber ist der Rasen grundsätzlich ungeheuer gut gepflegt. Eine der absoluten Lieblingsbeschäftigungen der Amerikaner ist zwangsläufig das Rasenmähen. Und teilweise ist der Unterschied zwischen vor und hinter dem Mäher kaum zu erkennen. Selbst den Weg vom Haus zum Briefkasten an der Straße kann man im Rasenmäher zurücklegen, deren Modellvielfalt übrigens schier unerschöpflich ist. Es verwundert nicht, dass hier so viel Öl verbraucht wird.




12. Juni, Forest nach Emmett

Den Weg vom Campground zur Grenze können wir flott hinter uns bringen, denn, man glaubt es kaum, wir haben Rückenwind! Er ist zwar nicht allzu stark und kommt auch nicht genau von hinten, aber das ist total egal. Wir sind begeistert.

In Sarnia fällt uns auf, dass die Fähre doch ganze 30 km südlich der Blue Water Bridge liegt - das ist keine Option. Also stellen wir uns an eine Auffahrt zur Interstate direkt hinter das Fahrrad-Verboten-Schild und warten auf einen Pickup. In der folgenden Stunde kommt gerade einer vorbei, und der hält leider nicht an. In Anbetracht des günstigen Windes wollen wir unsere Zeit so nicht verschwenden und lassen uns im Taxi über die Brücke fahren. Der Fahrer war natürlich, wie so viele Fremde zuvor, schonmal (ein paar Jahre) in Deutschland. Das ist auch einer der bleibendsten Eindrücke aus Kanada. Nun sind wir zurück in den USA!

Und da geht es gleich viel hektischer zu. Ähnlich wie bei den Niagara-Fällen ist auch diese Grenzstadt auf kanadischer Seite wesentlich hübscher. Wir kaufen noch Vorräte, verlieren allerhand Zeit und wollen eigentlich nur raus. Zurück auf der Straße pustet uns der Wind nach Westen und es wird mit jedem Kilometer angenehmer. Recht bald stehen wir vor einem Zeltplatz, haben aber erst 70 km und 3 Stunden im Sattel hinter uns. Doch es ist schon nach sechs und der nächste Campground ist 55 km entfernt. Das ist uns zu heikel, obwohl wir dem ungenutzten Rückenwind noch eine Weile nachtrauern.

So fühlen wir uns nach dieser Etappe wie nach einer Runde um den Block, das war fast schon erholsam. Wir haben genug Zeit zum Baden im See und machen einen Trockentest für den Aufbau des Zeltes bei Regen.




Donnerstag, 12. Juni 2008
11. Juni, Ruhetag

Auf dem Lakewood Christian Campground haben wir bei herrlichem Wetter einen erholsamen Tag genossen. Meine Beine waren erfreut über die Ruhepause und werden morgen sicherlich wieder fleißig kurbeln. Die letzten Tage haben insbesondere mich sehr ausgelaugt.

Den Vormittag haben wir mit Wäsche waschen und Fahrradpflege verbracht und am Nachmittag äußerst faul am Strand des Lake Huron in der Sonne gelegen. Man könnte glauben, man befindet sich am Meer: Sand, Brandung, Wind - nur die salzige Luft fehlt. Das Land unmittelbar am Seeufer ist zumeist in privater Hand und der Zugang zum Strand gar nicht leicht möglich. Glücklicherweise befindet sich fast unmittelbar gegenüber des Zeltplatzes eine Conservation Area, ein kleines Erholungsgebiet für jedermann, welches geradewegs zum Strand führt. Der Strand an sich scheint wiederum öffentlich zu sein, kein Schild verbietet uns das Weiterlaufen.

Am Strand von Lake Huron

Der nächste Ort und damit auch der nächste Lebensmittelladen ist leider rund 15 km weit weg. Wir haben zwar ausreichend Lebensmittel gebunkert und Milch bekommen wir auch auf dem Zeltplatz, aber das fürstliche Essen bleibt aus. Satt geworden sind wir, freuen uns aber bereits auf ein ausgiebiges Mittagessen morgen irgendwo entlang der Strecke. Es ist erstaunlich, welchen Stellenwert das Essen mittlerweile bei uns einnimmt und mit wie viel Freude man die Happen dann verzehrt.

Gerade einmal tanzen wir wieder um ein lustiges Lagerfeuer herum. Am Nachmittag haben wir mühsam ein paar trockene Äste gesammelt und geschichtet, allerdings sah es zuerst nach einem mageren Feuer aus. Abends dann, kurz bevor wir den Haufen anzünden wollten, fuhr der Familienvater und Zeltplatzbetreiber in seinem Golfbuggy bei uns vorbei und lud etliche Scheite feinsten Feuerholzes neben unserer Feuerstätte ab. Wir waren begeistert und jetzt lodert es ganz prima.

Morgen geht es erstmal schnurstracks in Richtung US-Grenze. In der Grenzstadt Sarnia müssen wir uns erstmal kümmern, wie wir über die Grenze kommen. Es gibt die mautpflichtige Blue Water Bridge über den St. Clair River, die allerdings für Radler nicht freigegeben ist. Entweder wir können jemanden überzeugen, uns und unseren Rädern einen "Lift" über die Brücke zu geben oder wir müssen mit der Fähre übersetzen. Beides kostet nicht viel Geld, allerdings verkehrt die Fähre ein Stückchen weiter südlich als uns lieb ist.

Danach geht es immer in Richtung Westen. Unser nächstes Ziel ist Muskegon am Lake Michigan. Dort legt die Fähre nach Wisconsin ab, quer über den letzten der Großen Seen entlang unserer Strecke. Bis dahin sind es aber noch rund 400 km. Mal sehen, ob uns der Wind diesmal ein wenig unterstützen wird.




10. Juni, Thorndale nach Forest

Der Morgen beginnt mit Schauern, die wir gemütlich im Zelt abwarten. Zum Glück können wir im Trockenen abbauen, doch die Wäsche vom Vorabend kommt nass in die Packtaschen. Beim Frühstück grüble ich, mit wie viel Milch ich wohl meine Magnesiumtablette runterspülen muss, um das empfohlene Ca-Mg-Verhältnis hinzubekommen. Wenn wir wieder in den Staaten sind, werden wir uns mit einem bunten Mix der feinsten Präparate eindecken. Nur aus dem Müsli wird wohl nichts, so gesunde Sachen werden hier einfach nicht verkauft. Dafür futtern wir morgens meist noch Bananen.

Kurz nach unserem Aufbruch beginnt es wieder zu regnen. Auf der Ostseite eines großen Busches sind wir geschützt (Wind kommt ja steif von Westen), aber aussitzen lässt sich das nicht. Nach 20 km kommt bei mir massiver Hunger dazu. Kochen im Regen bleibt uns erspart, als das GPS ein Dorf mit Pizza-Laden anzeigt. Den Schlenker in der Route nehmen wir gern in Kauf. Nach einer großen, fettigen Pizza geht es uns viel besser, selbst der Regen hat aufgehört.

Nun kommt mal wieder lange nichts, bis wir in Forest unsere Vorräte auffrischen können. Weitere 15 km führen uns zu einem schönen Campground gleich beim Lake Huron. Knapp 100 km mit meist erträglichem Gegenwind und angenehmen Temperaturen liegen hinter uns, hügelfrei und ohne Wadenzwicken! Zur Belohnung gibt es morgen einen Ruhetag.

Lange, gerade Strassen...

Die Anteilnahme in Mails und Kommentaren bleibt übrigens ein täglicher Quell der Freude und auch Motivation für die Berichte. Danke dafür! Und es stand zwar schon in einem schlauen Kommentar, aber ich soll es nochmal erwähnen: Unter http://coast2coast.blogger.de/rss gibt es wohl einen RSS-Feed zu diesem Blog. Achja, Autor(in) eines jeden Textes ist den Initialien darunter zu entnehmen.

Und da Roadrunner nun wohl die neue Nr. 1 ist, gehen heute spezielle Grüße an die Kollegen vom ZIH. Es ist zwar etwas still und mancher mag die Kommentar-Funktion nicht, aber gelangweilt ist hoffentlich noch niemand. Frohes Schaffen!




Mittwoch, 11. Juni 2008
9. Juni, Cambridge nach Thorndale

Bereits kurz nach unserer Abfahrt treffen wir mal wieder einen Radler. Wie schon mehrfach zuvor ist auch hier die Freude groß, als er hört, dass wir aus Deutschland sind. Begeistert berichtet er, dass er kürzlich eine Radtour von Dresden nach Budapest gemacht hat und ihn demnächst eine Freundin aus Berlin besuchen kommt. Wir erzählen von unserer Herkunft und die Freude ist noch größer. Zweimal nennt er mir den Namen besagter Freundin und glaubt wohl echt, dass ich sie kennen könnte. Schließlich begleitet er uns noch ein Stück auf Schleichwegen aus Cambridge heraus.

Netter Radler, der uns in Cambridge begleitete

Es dauert nicht lang und wir werden wieder angesprochen, aye? Auch dieser Mann kennt unsere Heimat gut und hat ein paar Jahre dort gearbeitet, aye? Außerdem spricht er ganz lustig, aye? Von uns will er nicht viel wissen, aber wir erfahren allerhand Geschichten, bevor sich unsere Wege wieder trennen. Aye?

Der weitere Verlauf der Etappe ist nicht sonderlich spannend. Die Straßen sind hier auch nur noch lieblos durchnumeriert. Einmal fiebere ich 30 km lang der nächsten Abbiege-Anweisung vom GPS entgegen. Der Weg führt uns hier meist durch Farmland mit vielen Feldern und Weiden voller lebender Steaks. Sie gucken mich argwöhnisch an, während ich an meinem Müsli-Riegel nage. Als wüssten sie, dass ich kein Vegetarier bin.

Heute ist nur ein Drittel der Etappe leicht hügelig. Dafür ist es über 30 Grad heiß und die Hälfte der Zeit brät uns die Sonne heftig. Am gemeinsten ist aber wieder der ordentliche Gegenwind, der uns fast die gesamte Strecke versüßt. Bei einem kurzen Haken gibt es mal leichten Rückenwind und wir fahren doppelt so schnell wie sonst - mit viel weniger Anstrengung. Das frustriert ein wenig.

Nach 97 km erreichen wir unseren Zeltplatz und sind wieder schwer KO. Die Muskeln sind aber trotzdem weniger hart als gewohnt. Das ist gut, denn morgen wollen wir bis zum Lake Huron kommen. Beim Einschlafen gibt es noch ein beeindruckendes Gewitter mit Blitzen im Sekundentakt.




Montag, 9. Juni 2008
8. Juni, Toronto/Thornhill nach Cambridge

Unser Aufenthalt in Toronto war spannend, aber durch die Hitze und den Trubel in der Stadt nicht allzu erholsam. Am Sonntagmorgen verabschieden wir uns herzlich von unseren Gastgebern. Sie beneiden uns nicht, denn die Sonne brennt schon jetzt ganz ordentlich. Die Hitze bestimmt auch den restlichen Tag, es wird die bislang mit Abstand wärmste Etappe (um die 30 Grad, meist wolkenlos). Dafür haben wir nur leichten Gegenwind. Die erste Hälfte bleibt flach, danach folgt stetiges Auf und Ab in leicht hügeligem Gelände.

Es gibt nicht viele Campgrounds hier und so landen wir schließlich in Cambridge. Laut GPS gibt es hier einen, aber wir hatten diese Info zurecht angezweifelt. Einem kräftigen Regenguss entgehen wir, als ein netter Herr uns ins frisch bezogene Appartment seines Sohnes einlädt. Bei diesen Leuten gibt es sogar familiäre Verbindungen in den Ruhrpott. Nach einer Erfrischung kommen wir mal wieder in einem Motel unter. Das ist nicht gut für die Reisekasse, aber wir haben schon 100 km in den Beinen und sind total erschöpft. Immerhin hat der Erwerb unserer obszön hochpreisigen Radlershorts in Toronto den Sitzkomfort wesentlich erhöht und den Hintern geht es ganz gut.

Morgen soll es leider wieder so warm werden, wir hoffen auf mehr Wolken. Über das Wetter und aktuelle Nachrichten sind wir übrigens meist gut informiert, sogar über den Wind (danke Micha!). Leider kommt der immer aus der falschen Richtung, aber wenn ihr uns mal alle kräftig die Daumen drückt, wird es bestimmt besser. Also feste bitte! Wir brauchen Ostwind, keinen Westwind! Übrigens, wenn es mal mit den Wetter-Infos aus dem Internet nicht klappt, können wir auch die lieben Warnungen in den Kommentaren nicht lesen. Das schlechte Wetter weiter westlich ist aber bestimmt weg, bis wir dort sind. Und die Tornado-Warnungen im TV für unser Gebiet waren auch unzutreffend.

Jetzt geht es noch querbeet durch die Kommentare. Die könnt ihr übrigens nach Belieben auch per Mail an mich schicken, wenn sie nicht für alle Welt bestimmt sind - wird auch gelesen. Wenn wir wieder in den Staaten sind, mache ich mich mal bzgl. eingehender Anrufe bei unserer Prepaid-Karte schlau. Coupons für Motels haben wir noch nicht gesehen, aber ich war heute in 4 Motels und konnte sie alle runterhandeln, obwohl das gar nicht mein Fall ist. Die Muskeln brennen grad noch gehörig, sind aber insgesamt meist OK. Nur das Zwicken inmitten meiner rechten Wade hat trotz dreier radfreier Tage heute sofort wieder begonnen. Nicht schlimm, nervt aber. Also liebe Freizeitärzte: Was ist das, wann geht es wieder weg und was kann ich dagegen tun?

Nun aber genug, ist schon wieder Mitternacht. Liebe Grüße aus der Ferne!




Sonntag, 8. Juni 2008
5. - 7. Juni, Toronto

Drei Tage haben wir nun in dieser riesigen Stadt verbracht. Marina und ihre Familie haben uns sehr freundlich aufgenommen. Wir konnten uns hier ganz frei bewegen und ein wenig zur Ruhe kommen.

Toronto ist eine große Metropole, mit all den Vorzügen und Nachteilen einer Großstadt. In der quirligen Innenstadt gibt es viel zu sehen und zu laufen. Man kann am Lake Ontario entlangspazieren oder eine Fähre zu den vorgelagerten Inseln nehmen, in Chinatown ominöse Spezialitäten probieren, in eine der vielen Bars einkehren und natürlich shoppen gehen. Verläßt man Downtown Toronto, fährt man durch scheinbar endlose Vorstädte, die oftmals sehr trist wirken und an die Käfighaltung von Hühnern erinnern. Hier finden sich die Einwanderer der verschiedenen Nationalitäten zu Gemeinschaften zusammen und es entstehen Viertel mit vornehmlich russischen, chinesischen oder indischen Geschäften und Restaurants, je nach Bevölkerungsgruppe. Alles ist auf den Autoverkehr zugeschnitten, vierspurige Highways zerschneiden die Wohnsiedlungen.

Es existiert allerdings auch ein öffentliches Nahverkehrssystem. So erreichen wir ohne Auto die Innenstadt, obwohl man eine ganze Weile unterwegs ist. Den Rest bewältigen wir zu Fuß.

An touristischen Attraktionen hat die Stadt nicht viel zu bieten. Es gibt den CN-Tower, von dessen Plattform man sicherlich einen schönen Ausblick hat, wenn man den happigen Eintritt zahlt. Wir haben uns lieber ordentlich mit Sushi, Burgern, Hot Dogs und Eis vollgefuttert.

Den krönenden Abschluß machte das heutige "Abendessen" in einer Eisdiele, bestehend aus Waffel, Eis verschiedener Sorten, Brownies und Schlagsahne. Bisher hatte ich geglaubt, von Kuchen und Eis niemals genug essen zu können und wurde heute eines Besseren belehrt. Obwohl nicht besonders ausgewogen, sind wir von diesem riesigen Zuckerhaufen immer noch pappesatt.

Bis es morgen früh weitergeht, genießen wir noch den Komfort einer Couch, eines Fernsehers und des Internets. Der Ventilator in unserem Zimmer läuft ununterbrochen, denn es ist warm und schwül. Nachts kühlt es kaum ab, so daß wir unsere Schlafsäcke gegen ein paar Bettlaken getauscht haben. Dieses Klima scheint für Toronto jedoch typisch zu sein und wir hoffen, daß wir morgen abend unser Zelt in erträglicher Temperatur aufbauen werden.




Freitag, 6. Juni 2008
4. Juni, Niagara Falls nach Toronto

An diesem Morgen fahren wir zum dritten Mal unseren Lieblingshighway entlang zu den Fällen. Die Einreise nach Canada ist wieder spaßig. Wir haben zwar schon den Stempel vom Vortag im Pass, aber diesmal sind die Räder voll bepackt. Zusammen mit unserer Geschichte - woher wir kommen, wohin wir wollen - bringt das die Einreise-Beamte etwas durcheinander. Leicht entgeistert lässt sie uns schließlich passieren.

Nun sind wir also im kanadischen Ort Niagara Falls. Das nächste Zwischenziel Toronto ist einen Schlenker von etwa 140 km um den Lake Ontario entfernt. Der Weg führt durch ein industriell geprägtes Gebiet und bringt uns auf unserer Reise nach Westen nicht voran. So entscheiden wir uns kurzerhand, mit dem Bus zu fahren. In Kanada ist das unkompliziert, denn die Reisebusse erfordern keine aufwendige Verpackung der Räder. Statt dessen benötigt man eine Art überdimensionales Fahrrad-Verhüterli. Diese große Plastetüte ist allerdings komplett nutzlos und schützt weder Rad noch Bus, macht aber dafür etwas Arbeit, produziert Müll und kostet 10$.

Nutzloses aber riesiges Fahrradverhueterlie

In Downtown Toronto angekommen, schwingen wir uns wieder auf die Räder. Der Weg führt uns ein ganzes Stück nach Norden, wo eine alte Freundin von Kathi bei ihren Eltern wohnt. Alles ist noch ganz neu hier. Große Flächen werden mit Eigenheimen zugebaut, die sich alle extrem ähnlich sind. Der Aufbau variiert leicht, ebenso die Farbe der Dächer und der Pseudo-Steine der Fassade (man baut hier aus Holz). Aber wenn man genau hinguckt, sind Details wie Türen, Fenster und dergleichen überall identisch. Ich vermute, dass die Architekten hier ein Computerprogramm haben, das mit ein paar Eingangsparametern und einem netten Zufallsgenerator die Pläne für komplette Strassenzüge ausspuckt...

Wir werden nun für einige Tage in Toronto bleiben, uns die Stadt anschauen, die Vorräte aufstocken und die Planung für die nächsten Wochen durchführen. Es geht voraussichtlich Richtung Südwesten, über den Lake Michigan und dann immer weiter nach Westen. Detroit lassen wir eher links liegen. Für die Leser, die noch nicht so genau informiert sind: Unser Rückflug geht am 19. August von Vancouver aus. Kalifornien wäre als Ziel zwar reizvoll gewesen, ist aber im Hochsommer eher zu warm zum Radfahren. Wir halten uns weiter nördlich, Yellowstone und die Glacier National Parks sollen unseren Weg kreuzen. Bis dahin ist der Weg aber noch weit und zunächst geniessen wir den Komfort unserer schönen Herberge.